Die Tibet-Dioramen als Ort der Museumsgeschichte
Im Jahr 2014 präsentierte das Haus der Natur eine kritische Darstellung seiner Geschichte in einer Sonderausstellung mit dem Titel „Das Haus der Natur 1924 bis 1976 – Die Ära Tratz“. Schon damals wurde der Entschluss gefasst, diese zeithistorische Aufarbeitung später in die Dauerausstellung einfließen zu lassen. Hierfür bot sich der Bereich der Tibet-Dioramen an – ein Ausstellungsbereich, dessen Entstehungsgeschichte unmittelbar auf die Geschichte des Museums in der NS-Zeit zurückgeht.
Die ursprünglichen Tibet-Dioramen wurden für die sogenannte „Tibetschau“ konzipiert, deren Eröffnung im Januar 1943 im alten Haus der Natur in der Hofstallkaserne erfolgte. Sie stellen Szenen aus dem Tibet der 1930er-Jahre dar und waren das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Museumsdirektor Eduard Paul Tratz und Ernst Schäfer sowie dessen Mitarbeitern, die 1938/39 im Rahmen einer von der SS mitfinanzierten Tibet-Expedition das damals von der Außenwelt hermetisch abgesperrte Land besuchten.
Die Originaldioramen der Tibetschau von 1943 wurden 1956 zerstört, als das Museum von der Hofstallkaserne an den heutigen Standort übersiedeln musste. Zwischen 1957 und 1959 wurden die hier bis heute gezeigten Dioramen von Wolfgang Graßberger in Anlehnung an die ursprüngliche Darstellung und unter Verwendung der Originalobjekte neu aufgebaut.
Ihre Entstehungsgeschichte setzt sie zwar in einen historisch belasteten Kontext, sie stellen jedoch eine einzigartige, meisterhafte Präsentation des alten Tibet dar und vermitteln keinerlei ideologischen Bezug zur NS-Zeit.
Nach 60 Jahren wurden alle Dioramen restauriert. Gleichzeitig integriert das Haus der Natur in diesen Bereich eine Ausstellung zur Geschichte der Dioramen sowie des Museums von 1924 bis heute. Vier große Leuchttafeln erzählen von der Geschichte des Museums, zwei Monitore vermitteln Blicke in die Ausstellungen sowohl aus dem „alten“ Haus der Natur als auch aus der Zeit am jetzigen Standort.